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Weihnachten 1971.

Die vier alten Ladies vom 3. Z-Geschwader liegen friedlich an der Tirpitzmole. Heiligabend gibt es auf Z2 in allen Messen ein Festtagsbuffet nur vom Feinsten. Jeder darf essen und trinken wo er möchte. Draußen ist es saukalt. Um 20 Uhr ziehe ich dick angezogen als Posten-vor-dem-Schiff auf. Wegen der Kälte (und vor Wut, ausgerechnet nun Wache schieben zu müssen) marschiere ich hin und her. Einige Zeit später treffe ich am Heck meinen Leidenskameraden von Z4, der Achtern von uns lag. Grosses Hallo -wir kannten uns von der Grundausbildung in Eckernförde.
Da wir ja immer in Bewegung bleiben mussten, ging er während unserer Plauderei einfach mit mir mit. Mittschiffs an der Stelling reichte uns der Posten Läufer zwei Becher und 'ne Kanne heißen Tee (da war natürlich Weihnachtspunsch mit viel Umdrehungen drin). Nach einigen Schlucken stellte der Kamerad von Z4 sein G3 in unseren Tannenbaum, weil sich bei ihm ein dringendes Bedürfnis meldete und verschwand eiligst zum Topf.
Eine knappe Viertelstunde später kam der WO von Z4 ganz aufgeregt angelaufen und suchte seinen Posten-vor-dem-Schiff. Ich erklärte ihm die Notsituation, worauf er -nun wieder beruhigt- dankend einen Becher mit heißem Tee (natürlich nur mit heißem Tee) entgegennahm.
Als nach einer weiteren Viertelstunde der Gesuchte immer noch nicht zurückgekehrt war, wurde auch unser WO gewahrschaut. Die beiden Kolbenringträger klapperten nun sämtliche Töpfe ab, wurden allerdings nicht fündig. Schließlich fanden Sie den Kameraden in der O-Messe:
Steak in der einen, Grog in der anderen Hand.
Er war guter Dinge und hatte schon leichte Schlagseite. Von zwei Offizieren untergehakt wurde er dann nach Z4 zurückgebracht.
Wie ich später hörte, ist da offiziell nichts mehr nachgekommen - es war schließlich Weihnachten.

Am 2. Feiertag war ich wieder an der Reihe bzw. auf der Pier. Kurz vor Mitternacht kam unser Eins-O in Zivil nach "sein" Zuhause. Sein leicht schwankender Gang wechselte Eingangs der Tirpitzmole in einen kerzengeraden Stechschritt. "Ölscher, Sie sind doch W 18-er. Schauen Sie mal zur Scheermole. Was sehen Sie da?" Ich antwortete ihm, dass ich dort Lütjens, Mölders und Rommel an der Pier liegen sehe. "Jawoll, dort liegen unsere 3 Lenkwaffenzerstörer -das komplette 1. Z-Geschwader. Der Stolz der Deutschen Bundesmarine. Und wissen Sie, was das bedeutet?" - "Nein, Herr Kapitän." - "Weiterverpflichten, Ölscher. Weiterverpflichten!" Ja, so war er. Charly N. Selbst noch an Weihnachten dachte er an seine Kopfgeldprämie.

Ich war damals gerade mal 20 Jahre alt und erlebte mein erstes Weihnachten ohne Eltern und Geschwister. In Erinnerung daran wünsche ich von dieser Stelle aus allen Fletcher-Oldies ein schönes Weihnachtsfest mit ihren Lieben und ein gesundes Neues Jahr 2010.

Mit kameradschaftlichen Grüßen
Peter Ölscher
Signalgast 27 auf Z2 von 10/71 bis 09/72